An unserem ersten Wandertag, welcher zudem viel Sonnenschein verspricht, schieben wir eine ruhige Kugel. Wir möchten noch etwas Zeit in der Wiler Altstadt verbringen und uns endgültig verabschieden von dieser Region.

Feudal ausgeschlafen und mit Frühstück verwöhnt starten wir erst kurz vor 11 Uhr von Jonschwil Richtung Wil. Entlang der Thur bestaunen wir die schönen Plätze zum Verweilen und plötzlich entdecken wir ein Stück Treibholz im Wasser, welches sich zielgerichtet in rhythmischen Tanzbewegungen direkt auf unseren Uferplatz hinbewegt. Das ist ja eine Ringelnatter! Thomas freuts, Kamera aus dem Rucksack und ein spontanes Fotoshooting ist angesagt. Sonja hält sich freiwillig an die Zweimeter-Abstandsregel und beobachtet das züngelnde Tier aus Distanz. Auf dem PCT hätten wir wohl regelmässig Schlangen gekreuzt, in der Wüste vor allem Klapperschlangen. Diesem Punkt trauert Sonja überhaupt nicht nach.

Bereits am 1. Wandertag eine erste Schlangenbegegnung
Sonja trotz Bangen um Schlangen glücklich

Nach einigen Besorgungen geniessen wir eine erste Erfrischung in Gino‘s Kunstcafé. Während der letzten 3 1/2 Jahre besuchten wir viele kleinere Konzerte in Gino‘s Lokal und lernten seine nicht alltägliche Gastfreundschaft und seinen Schalk schätzen. Wir kommen wieder!

Bei herrlichem Sommerwetter darf ein Schüga nicht fehlen

Wir machen heute bewusst einen Tag ohne Besuche und suchen uns deshalb ein schönes Plätzlein zum Zelten, das Wetter ist ausnahmsweise auch mal trocken. Oberhalb Zuzwil richten wir uns gemütlich ein, werfen den Grill an, geniessen die Riesenbratwürste von unserem Stammmetzger Schmid, öffnen den spanischen Roten und bestaunen den Sonnenuntergang mit Abendrot über den Churfirsten. Fühlt sich tatsächlich ein bisschen an wie zu Hause.

Wurzeltante am Grill
Churfirsten im Blick

Heute Samstag steht ein passendes Wanderaufwärmprogramm mit drei Besuchen an. Zudem Bangen wir etwas vor einer intensiven Gewitternacht.

Am späten Vormittag sind wir bei René und Yvonne in Uzwil eingeladen. René ist ein ehemaliger Arbeitskollege von Thomas und zusammen mit Yvonne sind sie bis vor Kurzem einmal wöchentlich durch die Region Wil gejoggt.

Nicht nur uns schmecken die fein belegten Brote auf der sonnigen Terrasse, das Hausbüsi schnappt sich den Salami während dem fast schon traditionellen Abschiedsfoto.

Bei René und Yvonne

Mit einem Glas Weisswein lassen wir die gemütliche Runde ausklingen und wechseln in eine komplett andere Welt. Nur zehn Gehminuten entfernt besuchen wir Barbara, die Gotte von Thomas, im Pflegezentrum.

Nach wie vor gelten hier sehr strikte Besucher-Regeln, so werden wir Gäste hinter Masken versteckt und Barbara auf Distanz gehalten. Ärger und Unverständnis über die seit drei Monaten anhaltende komplette Abschirmung ist ein wiederkehrendes Thema im Gespräch mit Barbara. Sie wartet ungeduldig auf mehr Freiheit und Selbstbestimmung. Für ihre 90 Jahre ist sie noch sehr gut ‚zwäg’ und möchte so bald als möglich wieder Zeit mit ihrer grossen Familie inklusive Urenkel verbringen.

Bei Barbara zu Besuch auf Distanz

Zwei Wanderstunden entfernt besuchen wir Barbaras Sohn und zugleich Thomas‘ Cousin Hansueli mit Mirjam. Der selbstgebackene Zvieri mit Früchten aus dem Garten schmeckt wunderbar. Allgemein werden wir kulinarisch enorm verwöhnt und schätzen dies wirklich sehr. Eigentlich bei jedem Besuch hören wir, dass wir doch etwas Reserve anessen sollten. Bestimmt werden wir die nächsten Monate gedanklich noch manchmal von diesen Erinnerungskalorien zehren.

Bei Hansueli und Mirjam mit Marco

Einmal mehr vergeht die Zeit wie s‘Bisiwetter und etwa so siehts auch am Himmel aus. Erste Wolken ziehen auf und synchron mit Donnergrollen ziehen wir weiter, um einen geschützten Schlafplatz zu suchen. Jetzt kommen auch noch Windböen auf, das gibt wohl eine ungemütliche Nacht! Eine spazierende Hundehalterin fragt uns nach unseren Plänen. Gute Gelegenheit um nach regionalen Tipps zu fragen, leider ohne Erfolg. Glücklicherweise zieht das Gewitter recht anständig vorbei und wir finden nach rund einer Stunde den perfekten Platz für eine unsichere Nacht. In einer Waldlichtung am Wegrand hinter einer Holzbeige können wir unser Hubba Hubba gut platzieren.

Geschützter Schlafplatz mit Unterstand

Wir schaffens grad noch bei Tageslicht einen Eintopf zu kochen und schlüpfen dann bald in unsere warmen Schlafsäcke. Unser neues Abendritual: Körper nach Zecken absuchen. Tatsächlich finden wir drei Stück! Das wird uns wohl weiterhin begleiten, falls wir den geplanten Trail im Balkan gehen können, denn dort führen die Wege immer wieder recht chaotisch durchs Unterholz. Wir sind froh, dass wir letztes Jahr noch die Zeckenimpfungen haben machen lassen.

Kochen im Freien

Unser Zuhause hält auch in dieser mit Tropfgeräuschen übersähten Nacht einwandfrei dicht. So wagen wir uns am Sonntagmorgen trocken und gut gelaunt in den Tag. In der überdachten Holzbeige verstauen wir unseren Haushalt und ziehen ohne Frühstück in Regenmontur los.

Nach etwa einer Stunde gibts dann doch noch Kaffee und Gipfeli in Waldkirch. Frisch gestärkt wandern wir weitere drei Stunden Richtung Roggwil und entledigen uns unterwegs Schritt für Schritt von unserer Regenbekleidung.

In Roggwil werden wir von Thomas ehemaligem Arbeitskollegen Andi mit Yvonne und ihren beiden Jungs Jaron und Robin empfangen. Einmal mehr fühlen wir uns wie Zuhause, wir werden mit frischem Erdbeer-Tiramisu verwöhnt und die beiden Kids binden uns sofort in ihren Spielalltag ein. Robin hält Thomas mit Spielzeug-Lesauf Übungen auf Trab und Jaron schafft es nach für ihn viel zu ausgiebigen Erwachsenengesprächen doch noch zwei Schieber-Jassrunden zu spielen.

Bei Yvonne und Andi mit Jaron und Robin

Nur 10 Gehminuten entfernt erwartet uns Markus in Arbon. Thomas kennt ihn von der Eggenwanderung, einer jährlich zweimal stattfindenden geselligen Männer-Hügelwanderung im Hinterland von St.Gallen und von gemeinsamen Wein-Genussreisen. Ganz im Stil wie auf Weinreise werden wir von Markus und seiner Partnerin Alicia mit Apéro-Plättli und Eiswein begrüsst.

Bei Markus und Alicia

Grillwetter ist es zwar nicht, aber der Balkongrill leistet trotzdem wunderbare Dienste und einmal mehr werden unsere Mäuler gestopft nach dem Motto, ihr braucht doch jetzt die Kalorien auf eurer Wanderschaft. Wir wissen den Verwöhnservice von euch allen sehr zu schätzen und sind uns bewusst, dass kargere Zeiten auf uns warten. Spannende Diskussionen lassen auch den Sonntagabend im Nu vergehen. Alicia beneidet uns um unser Vorhaben, schwebt ihr doch auch eine Auszeit vor.

Dankbar nehmen wir das Angebot an, uns im Gästezimmer über Nacht einzurichten. Wir haben uns bereits sehr gut an die vielen verschiedenen Schlafplätze gewöhnt und schlafen eigentlich überall wunderbar. Jetzt wünschen wir uns einfach besseres Wetter um Ende Woche dann den direkten Weg über den Zwinglipass nehmen zu können. Ein bisschen Bangen bleibt!


1 Kommentar

Reini · Juni 15, 2020 um 09:26

Gefällt mir sehr gut Euer Blog. Da hattet Ihtr ja Glück und gute Augen, dass Ihr die Ringelnatter entdeckt habt. Ich freue mich, mit Euch morgen den Planetenweg ab Mörschwil zu wandern. Gespräche und Astronomie ist angesagt.

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