Mratinje-Damm – Nedajno (6 1/2 h / 940 M aufwärts / 250 M abwärts / 24.5 km)

Pünktlich um 7 Uhr werden wir von unserem Fahrer abgeholt. Mit ÖV zurück in die abgelegenen Täler ist momentan noch schwieriger als ohne Corona. Nicht nur wir schiessen fleissig Fotos auf dem Weg, auch unser Chauffeur geniesst die Sonntags-Ausfahrt sichtlich und hält immer wieder an schönen Aussichtsplätzen.

See bei Nikšić

Er ist dann total erstaunt, als wir beim Mratinje-Staudamm aussteigen möchten und er schon Feierabend hat! Es braucht einige Erklärungen, bis er versteht, dass wir zu Fuss weitergehen und er nicht auf uns warten muss.

Zurück am Piva-See

Es ist kühl, aber der steile und rutschige Aufstieg auf das Hochplateau gibt dann doch warm.

Der Aufstieg ist sehr direkt, die Piva-Schlucht liegt schon weit unten

Eine total neue Welt eröffnet sich uns, auf dem weiten Plateau auf rund 1400 MüM hat es noch mehrere verstreute Bauernhöfe und diverse Fahrzeuge passieren uns winkend und hupend.

Im Trail-Rhythmus über die Hochebene
Irgendwo hinter den Wolken versteckt sich der Maglić
Mondkrater mit Schneebergen

So sind dann auch die 24 km relativ bald gewandert, denn der Trail führt zuerst noch auf Schotterstrassen und dann lange auf Teerstrasse bis nach Nedajno.

Hoffentlich gibts noch ein paar milde Tage und vor allem Nächte
Nedajno lädt zum Verweilen ein

Zum Glück ist das Gasthaus in Nedajno noch nicht eingewintert, in der warmen Gaststube ist der Abend doch kurzweiliger als bereits um 18 Uhr in den Schlafsack zu kriechen! Aber wir sind total happy zurück auf der Via Dinarica zu sein.

Im Gasthaus Nedajno wird fast nur mit eigenen Hofprodukten gekocht
Nedajno – Zabljak (9 h / 1250 M aufwärts / 1220 M abwärts / 26.8 km)

Es ist bitterkalt als wir aufbrechen, doch der stahlblaue Himmel kündigt tolles Bergwetter an. Hoffentlich zwingt uns der Schnee nicht zum Umkehren!

Gasthaus Nedajno mit den Bungalows noch im Schatten
Bald schon scheint die wärmende Sonne auf das Dörflein

Die heutige Etappe führt uns durch den Durmitor Nationalpark zum Planinica-Gipfel. Mehrere Seen liegen auf dem Weg, das bunte Laub spiegelt sich farbenfroh in ihnen. Die Natur kommt zur Ruhe und bereitet sich auf den Winterschlaf vor.

Diese Brennnessel-Felder haben ihre Bissigkeit eingefroren
Langgezogene flache Abschnitte wechseln sich mit sehr steilen Aufstiegen ab
Škrčko-See: falsche Jahreszeit für ein Bad

Der Schlussaufstieg ist dann recht giftig, zum Glück liegt er auf der Sonnenseite und ist schneefrei.

600 Höhenmeter in ziemlich direkter Linie auf den Gipfel
Planinica-Gipfel (2330 MüM): toller Rundblick auf verschneite Berge
Hinter dieser Bergkette mit dem Maglić liegt Bosnien: noch so nah und doch schon wieder in weiter Ferne

Der Abstieg zieht sich in die Länge, ist aber nicht mehr sehr steil.

Die Rutschpartie ist bald beendet und wir können über Wiesen und Wälder absteigen
Blick zurück zum Planinica
Die starken Niederschläge der letzten Woche haben Spuren hinterlassen: dieser Felssturz hat den Wanderweg zugedeckt
Ein neuer Vierbeiner mit uns auf Wanderschaft?

In Zabljak wartet ein Apartmani mit eingeheiztem Ofen auf uns, die Gastgeber von Nedajno haben uns das organisiert. Von Aussen würden wir wohl nicht dieses Haus im Rohbau wählen! Aber drinnen ist es gemütlich und wir können uns grad nichts Schöneres vorstellen als eine warme Stube.

Unser Apartmani: von Aussen nicht auf den ersten Blick einladend aber Innen ein Bijou
Zabljak – Zabojsko Jezero (8 h / 690 M aufwärts / 610 M abwärts / 32.5 km)

Tolle Morgenstimmungen begleiten uns durch die gefrorene Ebene, immer wieder an kleinen Weilern vorbei mit ein paar Kühen, Hühnern und Ziegen.

Der Morgenreif zaubert eine ruhige Zufriedenheit über das Land
Die Berge im Durmitor-Nationalpark erheben sich majestätisch
Bald schon wärmt die Sonne und die Handschuhe können wieder eingepackt werden

Beim Zminičko Jezero gibts eine erste Snack-Pause bevor dann der langgezogene Aufstieg auf den Veliki Kurozeb beginnt. Zuerst noch auf Kiesstrasse doch der Schlussaufstieg braucht auch heute mehr Zeit als erwartet, denn der Weg verliert sich in Stauden und Grasbüscheln.

Der Weg verliert sich immer mehr je höher wir gelangen
Veliki Kurozeb: diesen unscheinbaren Grashügel mussten wir uns verdienen

Die Zeitangaben auf den Wanderwegtafeln sind in Montenegro sehr einfach berechnet: pro 2.5 km Wanderstrecke berechnen sie 1 Stunde, egal ob Strasse oder anspruchsvoller Bergweg, ob Höhenmeter dabei sind oder alles topfeben verläuft. Die Zeiten geben somit keinen Anhaltspunkt und stimmen überhaupt nicht.

Nach dem Gipfelabstieg führt der Weg weiter auf dieser immensen Hochebene, die herbstlichen Farben leuchten im Abendlicht um die Wette.

Direkter Abstieg vom Veliki Zurokeb
Diese Weite und Einsamkeit beeindruckt uns immer wieder

Bald schon erreichen wir den Zabojsko-See und unsere erste Zeltnacht in Montenegro steht bevor, denn die Ekolodge ist wie erwartet schon im Wintermodus.

So liegen wir bereits um 18 Uhr warm verpackt und mit ein paar Schokoriegeln in unseren Schlafsäcken und hoffen, dass wir in den nächsten 12 Stunden nicht in die Winterstarre verfallen.

Zabojsko Jezero – Mojkovac (8.5 h / 700 M aufwärts / 1430 M abwärts / 35.6 km)

Wir hatten schon bessere Nächte, bereits um 22 Uhr schauen wir zum ersten Mal auf die Uhr, ob wohl schon bald Zeit zum Aufstehen ist. Und dieses Ritual wiederholt sich noch mehrmals.

Doch der kommende Tag entschädigt für alles und ganz so kalt wie die letzten Nächte wurde es nicht, so sind all unsere Gelenke ohne Frostschäden wieder einsatzbereit. Das ist auch nötig, denn gleich zu Beginn gehts wieder in die Höhe und der Sonne entgegen.

Bereits in der Morgendämmerung brechen wir auf

Die ersten 10 km führen wieder über eine dieser für Montenegro so typischen Hochebenen. Das GPS ist seit langem wieder einmal ein gefragtes Teil und es unterstützt uns bei der Wegfindung im steten Auf und Ab. Die gefrorenen Grasbüschel geben unseren Marschrhythmus durch knackige Geräusche an und je länger der Vormittag umso wärmer wird es.

Nicht immer ist die Wegspur so klar erkennbar
Das Gelände ist kraftraubend, die Bodenwellen und fehlende Wege fordern uns heraus. Schaffen wir es bis Mojkovac?

Wir kommen an mehreren gepflegten Alpen vorbei, welche noch in Gebrauch sind. Vereinzelt sind noch einige Muttertiere mit ihren Jungen am Weiden, ansonsten ist alles schon verlassen.

Die Tiere sind nicht eingezäunt und bleiben trotz diesem Freiraum zu Hause. Uns ist auf jeden Fall nie eine nachgelaufen…

Im Gegensatz zu Kroatien und Bosnien-Herzegowina wird in Montenegro die Berg-Landwirtschaft (noch) aktiv betrieben.

In den weiten Hochebenen, welche zwischen 1200-1800 HM liegen, treffen wir immer wieder auf gut erhaltene Bergdörfer. Zwar sind Mitte Oktober schon viele Bauern mit ihren Tieren ins Tal gezogen, wir treffen aber immer wieder auf einzelne Kuh- und Schafherden. Die Höfe sind meist klein mit 5-10 Kühen, ein paar Ziegen und Schafen sowie 1-3 Herdenschutzhunden.

Die meiste Arbeit wird von Hand erledigt. Maschinen sind eher rar und die wenigen sichtbaren gehören in der Schweiz längst zu den Oldtimern.

In der Schweiz als Oldtimer gehandelt, in Montenegro noch stolz im Einsatz

Im Sommer wird aktiver Eco-Tourismus betrieben, mit Übernachtungsmöglichkeiten in einfachen Hütten. Mit Stolz werden die hofeigenen Produkte aufgetischt.

Landwirtschaft ist in Montenegro viel präsenter als in Kroatien und Bosnien
Typische und gut erhaltene Alphütte in Montenegro
Ein Schäfer ist mit seiner Herde unterwegs

Nach der Grasbüschel-Safari gehen wir wieder lange Strecke auf Kiesstrassen, dies stört jedoch überhaupt nicht denn fürs Auge ist der Weg sehr abwechslungsreich.

Wir nutzen die Mittagspause um das Zelt zu trocknen
Pausenbänkli mit Sonnendach
Die Landschaft ändert sich immer wieder

Der Abstieg nach Mojkovac will fast nicht enden, aber die Aussicht auf ein warmes Nachtessen und ein gemütliches Bett lässt unsere Beine einfach Schritt für Schritt weiter gehen.

Langer Abstieg nach Mojkovac

Obwohl die Tage kurz sind und wir auch 10 – 12 Stunden wandern könnten, kommen wir sehr zügig voran. Montenegro ist bald durchwandert, es bleiben uns noch drei schöne Tage um Albanien zu erreichen. Jetzt glauben auch wir daran, dass wir dies schaffen können!


1 Kommentar

Reini · Oktober 21, 2020 um 21:48

Einmal mehr DANKESCHÖN für Euren Bericht. …. Ihr braucht ja AUSDAUER!! Gut Glück für die letzten Tagesmärsche!

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