Wir lassen Santa Maria am Dienstagmorgen mit Zufriedenheit und gut gefüllten Bäuchen zurück. Sonja hat wohl in all den gemeinsamen Jahren noch nie erlebt, dass Thomas so früh so viel essen mag.

Blick zurück nach Santa Maria

Wir nehmen‘s gemütlich heute, in Müstair verputzen wir unsere letzten Schweizer Franken und im Kloster St. Johann lassen wir Kerzen und andere Wünsche erleuchten.

Kloster St. Johann in Müstair: UNESCO Weltkulturerbe

Per Zufall stolpern wir in eine sehr persönliche Kunstgalerie, und hätten wir noch ein Zuhause, so würden wir in Willi Fiolkas ‚kleiner Galerie’ bestimmt ein Unikat erwerben.

Lohnender Besuch in der kleinen Kunstgalerie
Sommermotto?

Ganz in der Nähe treffen wir auf diese Tafel vor einem Blumengeschäft, wir wollen diesen Gedanken mit auf unseren Weg nehmen.

Es ist eine kurze Tour heute und das ist auch gut so. Wir folgen einem ehemaligen Waalweg und kommen sehr zufrieden fast höhenmeterlos beim kleinen aber wirklich ausserordentlich feinen Camping in Glurns an.

Im Südtirol wimmelt es von Waalwegen, allerdings sind nur noch wenige intakt

Und schon sind wir wieder in Italien, unverkennbar. Einer arbeitet mit dem Bagger und drei schauen sehr angestrengt zu.

So geht Arbeiten in Italien

Gut haben wir in Müstair noch Gesichtsmasken eingekauft (Sonja konnte sich doch durchsetzen), denn die freundliche Lady an der Campingrezeption besteht auf das Tragen einer Schutzmaske.

Ein kurzer Spaziergang führt uns ins wirklich sehr lohnenswerte Städtchen Glurns. Wie richtige Touristen schauen wir uns die intakte Stadtmauer mit den drei Toren an.

Glurns: gut erhalten und mit viel Charme
Arkadenbögen führen durch die Strassen
Thomas sagt’s durch die Blumen
Wie richtige Touristen nehmen wir auch einen ausgiebigen Apéro

Wir würden es hier gut nochmals eine Nacht aushalten, denn es hat nur wenig Feriengäste auf dem Camping direkt am Fluss. Normalerweise wären die meisten Plätze gut besetzt, aber dieses Jahr reisen wohl weniger Gäste ins Südtirol.

Aber unser Weg führt weiter, es ist Mittwoch und am Samstag haben wir in Meran abgemacht. Das sind doch noch einige Kilometer zu gehen.

Bei der Schloss Churburg in Schluderns steigen wir auf den Sonnensteig

Wir wählen den Weg auf der Südseite im Hang, das Klima hier ist komplett anders als auf der Nordseite. Fast mediterran mit trockener Luft und einer angenehmen Brise gehts rauf und runter. Immer wieder durch lichte Föhrenwälder und dann auch wieder sehr offen mit Blick ins Tal, wo die Obstplantagen wie eine Armee in Stellung den Talboden bewacht.

Blick auf den Ortler
Mediterranes Klima …
… und immer wieder Holz

Wir begegnen den ganzen Tag keinem Wanderer, immer wieder müssen wir Baumleichen unter- oder überklettern. Zum Glück treffen wir auf eine Gruppe Waldarbeiter und dürfen uns ein Bier von ihnen nehmen.

Bierpause bei den Waldarbeitern

So ab vier Uhr beginnen wir einen Schlafplatz zu suchen und tatsächlich entdecken wir an einer lichten Stelle im Wald ein ausreichend ebenes Stellplätzlein für unser Zelt. Gut haben wir unsere Wasservorräte noch aufgefüllt bei der letzten Gelegenheit!

Heute nicht so gut getarnt aber sehr einsam

Was gibt es Schöneres, als fast im Freien zu schlafen und nachts den Mond und Sternenhimmel zu erblicken? Kein Tröpfchen Kondenswasser sammelte sich diese Nacht auf Donnerstag an. Diesmal hat der Versuch ohne Aussenzelt fabelhaft funktioniert.

Sonja im sanften Aufwachmodus

Im stetigen Auf und Ab folgen wir den teils ruppigen Wegen weiter Richtung Meran. Obwohl nur wenige Höhenmeter, zehren dennoch die Hitze und der trockene Wind an unseren Kräften.

Die vielen Trockenbiotope, welche eine steppenartige Vegetation aufweisen, sind eine Augenweide und lassen bei Vogel- und Schmetterlingskundlern die Herzen höher schlagen. So können wir auch ohne Feldstecher, seltene Vögel wie Wiedehopfe und Neuntöter oder Segelfalter-Schmetterlinge sichten.

Steppenvegetation am Sonnenberg
Blick auf die erfrischende Vinschgauer-Nordseite

Etwas ernüchternd der Blick ins Vinschgau, wo in riesigen Monokulturen Äpfel mit viel Chemieeinsatz kultiviert werden. 10% aller in der EU geernteten Äpfel werden hier produziert und im Schnitt werden die Plantagen 20 – 23 x mit Pestiziden, Fungiziden und Dünger behandelt. Ob sich der Widerstand, wie im Beispiel vom Dorf Mals im Jahr 2014 durchsetzen wird (Link auf Artikel) ist leider zu bezweifeln. Ein Gerichtsurteil von 2019 verbietet den Gemeinden ein Pestizidverbot einzuführen (Link auf Artikel), traurig!

Monokulturen im Vinschgau

Heute zielen wir den Zeltplatz in Latsch an, und schlafen diese Nacht gesetzeskonform. Der Platz ist zwar etwas lieblos, aber eine richtige Dusche sowie eine Pizza aus dem Holzofen entschädigt für Vieles.

Trotz weiterem Hitzetag bleiben wir am Freitag auf der Sonnenberg-Seite. Heute sind die Wege versöhnlicher. Die Waalwege sind teils noch gut erhalten. Früher gab es über Tausend dieser künstlich angelegten Bewässerungskanäle. Heute sind nur noch einige Dutzend meist für touristische Zwecke Instand gehalten. Umso schöner einem Weg zu folgen, welcher auch noch aktiv genutzt wird. Die sogenannten Waaler unterhalten die Kanäle und bestimmen, wann, wer Wasser über die Schleusen beziehen darf.

Intakter Waalweg zwischen Latsch und Tschars
Und immer wieder eindrückliche Wassertreppen

Thomas war schon einige Male im Südtirol und hat sich auf grosse Menschenansammlungen eingestellt. Wir begegnen heute das erste Mal Wanderern. Liegt es wohl an dem nicht gerade einladendem Bänkli oder doch an der fehlenden Reiselust vieler Touristen?

Pause im Brennesselbad?

Je länger der Tag, umso drückender die Hitze. Aber wir nähern uns Meran und freuen uns über immer mehr Weinbaugebiete mit zahlreichen Jausestationen und Weindegustationen. Aber wir bleiben hart, mindestens für heute…

Rebberge auch ausserhalb der Flasche ein Genuss

Wir erkennen, dass uns das Wandern über Pässe oder auf Höhenwegen besser entspricht auch wenn wir dann wieder mehr Höhenmeter bewältigen müssen. Morgen Samstag bleiben wir aber nochmals im Tal, für einmal ist das Ziel klar definiert. Denn wir kriegen Besuch aus der Schweiz und haben für vier Tage in Tscherms zwei Doppelzimmer reserviert! Richtig gelesen, auch wir gönnen uns eine kurze Auszeit von unserer Auszeit.

Aber erst suchen wir für heute Freitagabend eine einfache Unterkunft in Rabland, da heftige Gewitter angesagt sind. Auf dem PCT wären solche kurzfristigen Trockenalternativen kaum möglich gewesen, das sind nun die luxuriösen Vorteile unseres Ersatzprogramms. Gut und sehr günstig, so lässt sich unser Gastzimmer im Haus Unterthurner (B&B) beschreiben. Um unser Budget nicht noch mehr zu strapazieren verwandeln wir unseren Balkon in eine Outdoorküche und lassen den Abend bei feinen Südtiroler Apéro-Spezialitäten und einem selbstgekochten Risotto mit Mascarpone und Steinpilzen ausklingen.

Stehküche
Sitzmahlzeit

Und wir mögen nicht fertig essen, da tobt auch schon der Gewittergott und schickt dicke Hagelkörner auf die Südtiroler Erde.

Relaxed am Schermen

Fazit: Obwohl wir kaum steile Anstiege gelaufen sind, war das Vinschgau für uns ein überraschend anstrengender Abschnitt und wir sind langsamer vorwärts gekommen, als erwartet. Wir freuen uns nun auf einen Kurzurlaub im Hotel. Ab Mittwoch 15. Juli geht unsere Reise wieder weiter. Bis dann!

Abschnitt Santa Maria (CH) nach Tscherms (I)

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